«Sinfoniekonzert in Bildern»
Konzert mit Video-Inszenierungen

Samstag, 29. Mai 2021, 19.30 Uhr
Theater, Chur und als Livestream

Die französischen Werke in diesem Programm stecken voller Bilder: Die vier Sätze von Claude Debussys «Petite Suite» sind fast so etwas wie Klang gewordene Tableaux von französischen Impressionisten. Und die als Wettbewerbsbeitrag für den Prix de Rome entstandene «Scène lyrique» für Sopran und Orchester von Hector Berlioz rankt sich um ein in der Malerei vielfach verarbeitetes Sujet, den Tod der Kleopatra. 

Die Beliebtheit von Theater, Film und Varieté im Paris der 1920er-Jahre lassen die beiden Werke von Darius Milhaud und Jacques Ibert im zweiten Programmteil aufleben. Milhauds «Le bœuf sur le toit» ist musikalischer Slapstick schlechthin; dass der Franzose beim Komponieren dieses Werks, das später ein ungemein erfolgreiches Ballett wurde, an die Musik eines Chaplin-Films dachte, ist nicht zu überhören. Iberts «Divertissement», ebenfalls Theatermusik, ist eine geistreiche Persiflage auf die unterschiedlichsten musikalischen Genres von der Oper bis zur Zirkusmusik und macht seinem eigenen Genre – der Unterhaltungsmusik zum Zeitvertreib und «amusement» – alle Ehre.

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Bilder: Bernhard Aebersold/Südostschweiz

Video-Inszenierung von Musik?

von Arthur Spirk

Braucht Musik Bilder?
Wer so fragt, nimmt die Antwort vorweg: nein, natürlich nicht.
Aber man kann auch anders fragen.

Können Musik und Bilder zusammenwirken?
Der Film als Paradefall beweist das längst. Allerdings liegt dort die „Oberhoheit“ beim Bild, oder eigentlich genauer: bei der Geschichte, die einen in Bann hält. Die Musik trägt das Ihre dazu bei, und das ist nicht wenig, aber sie wird meist nicht als sie selbst wahrgenommen.

Die Video-Inszenierung kehrt die Verhältnisse um.
Sie will aus der „Begleitung“ Gleichberechtigung machen. Sie geht ganz von der Musik aus und lässt diese das Bild bestimmen. Auch wenn dem wahrnehmungspsychologisch Grenzen gesetzt sind – denn das Bild drängt sich gerne vor – so ist die Musik doch die eigentliche Quelle des Bildes.

Das hat Folgen für die Technik.
Denn es ist nur dann kein Schwindel, wenn die Musik in der Aufführung autonom bleibt. Die Musikerinnen und Musiker müssen ihre Noten frei interpretieren können, der Dirigent nicht unter dem Diktat eines Bildrhythmus stehen wie bei der Live-Begleitung eines Films. Die Video-Inszenierung verwendet zu diesem Zweck den Videoprojektor wie ein optisches Instrument, das zur Musik mitgespielt wird.

Und was sieht man dann?
Nie freie optische Assoziationen zu Musik. Ich sehe durchaus nichts, wenn ich Musik höre. Für eine Video-Inszenierung kommt für mich nur Musik in Frage, mit der der Komponist ausdrücklich etwas erzählen oder darstellen will. «La mort de Cléopâtre» von Berlioz ist eine eigentliche Opern-Szene.
«Divertissement» von Ibert ist als Musik zu einem Theaterstück entstanden. Und mit der Inszenierung eines Theaterstücks ist das, was ich mache, vergleichbar. Wie die Regie ein Stück interpretiert, wenn sie es auf die Bühne bringt, so sind meine Video-Inszenierungen eine Interpretation dessen, was die Musik darstellt.

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Kostprobe: Video-Inszenierung zu "Divertissement" von Jacques Ibert

Ursprünglich schrieb Jacques Ibert diese Musik für eine Theater-Farce von Eugène Labiche. Un chapeau de paille d’Italie von 1851 ist eines der beliebtesten Stücke von Labiche. Es geht um die Turbulenzen einer gutbürgerlichen Hochzeit, die in einen nahezu bacchantischen Zug der Hochzeitsgesellschaft ausartet. Die Handlung ist bewusst planlos, turbulent und unausgewogen, voller Zufälle, Verwechslungen und gesuchter Verstrickungen. Die Gestalten sind stark überzeichnete, aber treffende Spiessbürgerkarikaturen.

Jeder der sechs Sätze von Iberts Musik ist voller Witz und mit musikalischen Spässen gespickt, darunter Zitate, komische Instrumente, Verfremdung traditioneller Formen und spielerische Lautstärkekontraste. Höhepunkte des Humors sind ein Zitat aus Mendelssohns Hochzeit-Marsch, der in einen Ragtime-Abschnitt torkelt, eine herrliche Parodie auf den Wiener Walzer und ein Finale, das einen Galopp falscher Noten, schamlose Trommelwirbel und durchdringende Pfiffe verbindet zu einem „Marsch von exquisiter Vulgarität“.

Unpassendes verschweige man tunlichst, wenigstens so lange wie möglich – diese Devise des Gutbürgertums führt die visuelle Inszenierung dorthin, wo das Verschwiegene Programm ist: in die Cabarets und Cafés-Théâtres von Paris. Zwei Zeitdokumente von anno 1900 lassen diese verblichene Welt Revue passieren. Die Foto-Alben „Paris s’amuse“ und „Paris la nuit“ zeigen die Stars und Sternchen dieser Szene. Was einst gewagt war, wirkt heute vor allem dank seiner komischen Qualitäten.

Kostprobe: Video-Inszenierung zu "La mort de Cléopâtre" von Hector Berlioz

Zum vierten Mal bereits beteiligte sich Hector Berlioz 1829 am Wettbewerb um den Prix de Rome, den bedeutendsten staatlichen Förderpreis für Komponisten, den Frankreich zu vergeben hatte. Zu gewinnen gab es ein 5-jähriges Stipendium, verbunden mit einem 2-jährigen Aufenthalt in der Villa Medici in Rom. Vor allem aber bedeutete der Rompreis öffentliche Anerkennung. Im Vorjahr hatte Berlioz nur den zweiten Preis erhalten. Doch nun macht er sich grosse Hoffnungen. In seinen Memoiren schreibt er: «Wenn diese Herren schon von vornherein entschlossen sind, mir den ersten Preis zu geben, sehe ich nicht ein, warum ich mich wie letztes Jahr dazu zwingen soll, in ihrem Stil und Sinn zu komponieren, statt mich meinem eigenen Gefühl zu überlassen.» Berlioz tut sich also keinen Zwang an – und schreibt mit «Cléopâtre» ein Meisterwerk. Doch die Preisrichter ziehen es vor, 1829 überhaupt keinen ersten Preis zu vergeben, statt eine so wagemutige und neuartige Musik zu prämieren. Im folgenden Jahr erhält Berlioz den Rompreis mit einer konventionellen Kantate dann endlich doch noch. Der geniale Wurf vom Vorjahr aber bleibt seine stärkste Komposition vor der «Symphonie fantastique».

«La mort de Cléopâtre» ist eine Solo-Oper in der Nussschale - und eine Parade-Rolle für eine Darsteller-Sängerin. Der Mythos Kleopatra lag Berlioz: Die besiegte ägyptische Herrscherin blickt zurück auf ihr Leben, bevor sie zur Giftschlange greift.

Diese Situation wird in der Video-Inszenierung sichtbar. Sie zeigt die hohe Kultur Ägyptens und verschränkt sie mit Darstellungen aus der Kunstgeschichte. Dort hat der noch heute lebendige Mythos Kleopatra breite Spuren hinterlassen und wurde immer auch in die eigene Zeit projiziert. Um den Gedanken der verzweifelten Kleopatra genau folgen zu können, sind sie in Untertiteln übersetzt.

Besetzung

Letizia Scherrer, Sopran
Arthur Spirk, Video-Regisseur
Philippe Bach, Leitung
Kammerphilharmonie Graubünden

Programm

Claude Debussy (1862-1918)
Petite Suite

Hector Berlioz (1803 - 1869)
La mort de Cléopâtre
Lyrische Szene
für Sopran und Orchester

Darius Milhaud (1892 - 1974)
Le boeuf sur le toit 

Jacques Ibert (1890 - 1962)
Divertissement

Tickets und Vorverkauf

1. Kategorie: 70.- | 25.- (bis 26 Jahre)
2. Kategorie: 55.- | 15.- (bis 26 Jahre)
3. Kategorie: 35.- | 15.- (bis 26 Jahre)